Kempten

Kempten

Bis Anfang der 1630er Jahre blieben das Allgäu und damit Kempten von direkten Kampfhandlungen verschont. Aber schon in dieser Phase stellten verschiedene Truppendurchzüge und Einquartierungen von Soldaten eine starke Belastung für Kempten dar. Bauern mussten die Soldaten verpflegen und in der Stadt waren für die einquartierten Truppen große Geldmittel aufzubringen.
Wichtig für das Verständnis der Ereignisse in Kempten ist, dass die "Freie Reichsstadt Kempten" und das "Fürststift Kempten" zwei unterschiedlichen Lagern angehörten. Schon 1608 schloss sich die Reichsstadt Kempten der evangelischen Union an, einem Bündnis aus acht protestantischen Fürsten und 17 protestantischen Städten. Im Gegenzug trat das Fürststift 1609 der katholischen Liga bei, einem Zusammenschluss der katholischen Reichsstände.

Zerstörung des Fürststifts

Als der evangelische Schwedenkönig Gustav Adolf II. am 17. November 1631 bei Breitfeld und am 15. April 1632 bei Rain am Lech dem kaiserlichen Feldherrn Tilly zwei Niederlagen zufügte, brach die kaiserliche Macht in Süddeutschland zusammen und dieses Gebiet lag Gustav Adolf offen.

Schon am 22. Mai 1632 rückten schwedische Reiter an, die Kloster und Residenz besetzten und sofort mit der Plünderung und Zerstörung der Stiftsgebäude begannen. Die Bürgerschaft der Stadt nutzte diese Gelegenheit und nahm sich vor, für alle fürstäbtlichen Ungerechtigkeiten Vergeltung zu üben. Unter Führung von Ratsmitglied Ferdinand Heel gelobten sich die Kemptener, das Stift dem Erdboden gleich zu machen und mit der Zerstörungsarbeit nicht aufzuhören, bis auf dem „Blaz die haidelbeeren“ wachsen. 
Bürger der Reichsstadt – es sollen vor allem Metzger gewesen sein, die sich im Landgebiet gut auskannten – ritten mit Gesichtsmasken verkleidet mit den Schweden ins Stiftsgebiet, um reiche Bauern zu verraten. Unter Folter zwang man sie, ihre Geldverstecke offen zu legen. Dabei wendeten die Peiniger den sogenannten „Schwedentrunk“ an. Sie füllten den hilflosen Opfern Gülle mittels eines Trichters solange ein, bis der Leib aufquoll. Dann sprang ein Soldat dem gepeinigten auf den Bauch, bis die Gülle wieder herauskam. Bei dieser Tortur verriet jeder seine geheimsten Geldverstecke.

Mit Genehmigung des schwedischen Statthalters beschloss der Rat der Stadt am 2. August den Abbruch des Stifts. Mit Trommeln und Pfeifen begann der Abriss, der über einen Monat dauerte. An die Überreste der stehengebliebenen Gebäude legten sie Feuer.

"Kindlein bet’, morgen kommt der Schwed’!"
Nachdem die Schweden ihre Armee nach Norden abgezogen hatten, um dort gegen den kaiserlichen Feldherrn Wallenstein zu kämpfen, wendet sich das Blatt abermals.

Kaiserliche Truppen bedrohen Bauern auf dem Land, sodass diese der Stadt Kempten weniger Lebensmittel liefern. Im Januar belagern und erobern 20.000 kaiserliche Soldaten Kempten und ermorden in der einsetzenden Panik hunderte von Bürgern. Die Stadt brennt. Einer der Angreifer beschreibt die Situation mit den Worten: Es wird alles niedergehauen, Gott verleihe uns weiter Gnade!

Im März 1634 überrumpeln die Schweden bei Nacht die kaiserliche Besatzung in Kempten. Viele der besiegten kaiserlichen Soldaten wechseln daraufhin die Seite - das geschieht mit Fortschreiten des Kriegs immer häufiger. Mitte des Jahres leben in Kempten nur noch 476 Bürger und 70 Witwen. Hinzu kommen 700 Flüchtlinge vom Land und 347 Soldaten.

Zwar zieht ein Großteil der Schweden nach einer entscheidenden Niederlage bei Nördlingen im September 1634 wieder aus dem Allgäu ab. Doch der Krieg und mit ihm Pest und Hunger wüten weitere 14 Jahre.
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